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11.12.2023

Das Aktuelle Medieninterview – Quo Vadis ChatGPT

02.06.2023
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Prof. Dr. Markus H. Dahm, FOM Hochschule Hamburg
PreMedia: 
Herr Prof. Dr. Dahm, vielen Dank vorab für die Ermöglichung dieses Interviews. Was bedeuten so rasant wachsende Entwicklungen wie ChatGPT für die Gesellschaft in freien, demokratischen Staaten?

Prof. Dr. Dahm: 
Hr. Malik, da kann ich Ihnen einiges zu sagen. Als künstliche Intelligenz (KI) beeinflussen Plattformen wie ChatGPT und andere rasant wachsende Entwicklungen in der KI-Technologie ganz viele Aspekte.
Einer der offensichtlichsten Auswirkungen ist die Verbesserung der Kommunikation und des Informationsaustauschs. KI-Plattformen können bei der Kommunikation zwischen Personen helfen, die Schwierigkeiten haben, eine gemeinsame Sprache zu finden, indem sie Sprachübersetzung und -verständnis in Echtzeit ermöglichen. 
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Automatisierung von Arbeitsprozessen. ChatGPT und andere KI-Plattformen können dazu beitragen, die Effizienz und Produktivität von Unternehmen zu steigern, indem sie Aufgaben automatisieren, die früher von Menschen erledigt wurden. Dies kann dazu beitragen, dass Arbeitsplätze effektiver gestaltet werden und dass sich Mitarbeiter auf komplexere Aufgaben konzentrieren können. 
Darüber hinaus können KI-Plattformen wie ChatGPT auch bei der Lösung von komplexen Problemen in der Gesellschaft helfen. Sie können beispielsweise dabei helfen, die Umwelt zu schützen, indem sie Prognosen zur Luft- und Wasserqualität erstellen. Oder auch bei der Bekämpfung von Epidemien helfen, indem sie die Ausbreitung von Krankheiten prognostizieren oder dabei unterstützen, wirksame Behandlungsmethoden zu identifizieren. 
In Bezug auf demokratische Staaten gibt es jedoch auch einige Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von KI auf die Privatsphäre und den Datenschutz. Wenn KI-Plattformen wie ChatGPT beispielsweise personenbezogene Daten sammeln und analysieren, besteht das Risiko, dass diese Daten missbraucht werden könnten. Es ist wichtig, dass angemessene Regulierungsmaßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Privatsphäre und der Datenschutz der Bürger geschützt werden. Insgesamt bieten Entwicklungen wie ChatGPT und andere KI-Plattformen jedoch viele Chancen für die Gesellschaft in freien, demokratischen Staaten. 

PreMedia: 
Was macht diese Entwicklung mit den Menschen, Hr. Dahm?

Prof. Dr. Dahm:
Ja, das ist ein ganz wichtiger Punkt, den Sie da ansprechen. Die Entwicklung von KI-Plattformen wie ChatGPT und anderen ähnlichen Technologien kann eine Vielzahl von Auswirkungen auf die Menschen haben.
Einerseits kann es dazu beitragen, dass bestimmte Aufgaben effizienter und schneller erledigt werden können, was die Produktivität und die Effektivität steigert. Das hatte ich ja bereits kurz angesprochen. Beispielsweise kann ChatGPT bei der Automatisierung von Arbeitsprozessen helfen, indem es bei der Bearbeitung von Kundenanfragen, der Durchführung von Online-Chats oder der Beantwortung von Fragen unterstützt.
Andererseits kann die Entwicklung von KI-Plattformen auch Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Karrieren haben. Die Automatisierung von Aufgaben kann dazu führen, dass bestimmte Arbeitsplätze in der Produktion oder auch in der Verwaltung, z.B. in der Buchhaltung, überflüssig werden, während gleichzeitig neue Arbeitsplätze geschaffen werden, die spezielle Kenntnisse im Umgang mit KI erfordern. 
Darüber hinaus kann die Verwendung von KI-Plattformen wie ChatGPT auch die Art und Weise verändern, wie Menschen kommunizieren und Informationen aufnehmen. Wenn wir uns immer stärker auf KI-Systeme verlassen, um uns bei der Kommunikation und bei der Suche nach Informationen zu unterstützen, kann dies dazu führen, dass wir uns weniger auf menschliche Interaktionen verlassen und weniger in der Lage sind, komplexe Probleme ohne die Unterstützung von Technologie zu lösen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Auswirkungen auf die Privatsphäre und den Datenschutz. Wenn KI-Plattformen personenbezogene Daten sammeln und analysieren, kann dies die Privatsphäre der Menschen beeinträchtigen und das Risiko von Datenmissbrauch erhöhen. 
Insgesamt ist es wichtig, die Auswirkungen von KI-Plattformen wie ChatGPT auf die Menschen und die Gesellschaft im Auge zu behalten und sicherzustellen, dass die Vorteile dieser Technologie die potenziellen Risiken überwiegen. Es ist wichtig, dass diese Technologien verantwortungsvoll eingesetzt und reguliert werden, um sicherzustellen, dass sie im Einklang mit ethischen und moralischen Prinzipien stehen und die Menschen nicht negativ beeinflussen. Man merkt ja selbst die eigene Faulheit, und das Verlangen ChatGPT zu benutzten, nur weil es einfacher ist, auch wenn es vielleicht nicht angebracht ist. Denken wir  z.B. an Studenten in der Hochschule, die das Werkzeug gerne nutzen um Hausarbeiten zu schreiben. Dabei können die Studis natürlich die eigene Kreativität etwas verlernen.

PreMedia: 
Welche Auswirkungen könnte das auf die Medienindustrie haben?

Prof. Dr. Dahm: 
Die Entwicklung von KI-Plattformen wie ChatGPT und anderen Technologien der künstlichen Intelligenz wird erhebliche Auswirkungen auf die Medienindustrie haben – davon bin ich überzeugt. 
Ein Thema ist z.B. die Automatisierung von Inhalten. KI-Plattformen können dazu beitragen, Inhalte wie Nachrichtenartikel, Blog-Posts oder sogar Videos zu generieren. Diese Technologie kann verwendet werden, um Inhalte schnell und effizient zu produzieren, was möglicherweise zu einer Verringerung der Kosten und einer höheren Geschwindigkeit bei der Erstellung von Inhalten führen kann. Andererseits können aber auch Deepfakes zu einem Problem werden. Also künstlich generierte Fake-Bilder, wie das Pabst Bild.
Eine weitere Auswirkung könnte die Personalisierung von Inhalten sein. KI-Plattformen können dazu beitragen, Inhalte auf der Grundlage der Interessen und Vorlieben einzelner Nutzer zu personalisieren. Dies kann dazu beitragen, dass Inhalte relevanter und ansprechender werden, was möglicherweise zu einer höheren Nutzerbindung und einem höheren Umsatz für Verlage und Medienhäuser führt. 
Darüber hinaus können KI-Plattformen auch dazu beitragen, die Art und Weise zu verbessern, wie Medienunternehmen ihre Zielgruppe erreichen und mit ihnen interagieren. Beispielsweise kann ChatGPT bei der Automatisierung von Chatbots und der Verbesserung der Kundeninteraktion helfen. Dies kann dazu beitragen, die Kundenerfahrung zu verbessern und die Effizienz der Kundenkommunikation zu steigern. 
Jedoch gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von KI auf die Glaubwürdigkeit und Objektivität von Inhalten. Wenn KI-Plattformen beispielsweise bei der Generierung von Nachrichtenartikeln oder anderen Inhalten verwendet werden, besteht das Risiko, dass sie Fehlinformationen oder Voreingenommenheit enthalten. Es ist wichtig, dass Medienunternehmen angemessene Qualitätskontrollen und Überwachungssysteme einführen, um sicherzustellen, dass die von ihnen bereitgestellten Inhalte objektiv und glaubwürdig sind.

PreMedia: 
Hr. Dr. Dahm, wie kann aus Ihrer Erfahrung heraus die Sicherheit der Datenquellen für das Deep Learning u.a. mit ChatGPT beurteilt werden?

Prof. Dr. Dahm:
Das ist ein ganz, ganz wichtiges und sensibles Thema. Die Sicherheit der Datenquellen für Deep Learning-Modelle wie ChatGPT ist ein bedeutendes Anliegen, da diese Modelle auf großen Mengen an Daten trainiert werden, um zu lernen, wie sie bestimmte Aufgaben ausführen sollen. 
Nun, es gibt mehrere Faktoren, die die Sicherheit der Datenquellen für Deep Learning-Modelle beeinflussen können. 
Dazu gehören:
1. Datenqualität: Die Qualität der Datenquellen ist entscheidend für die Genauigkeit und Zuverlässigkeit von Deep Learning-Modellen. Wenn die Daten unvollständig, fehlerhaft oder unrepräsentativ sind, kann dies zu schlechten Ergebnissen führen und die Sicherheit des Modells beeinträchtigen. Was ist hier zu tun? Es ist wichtig, sicherzustellen, dass die Datenquellen zuverlässig sind und dass sie keine schädlichen oder unerwünschten Daten enthalten. Dies kann durch Überprüfung der Datenquellen und Anwendung geeigneter Filtermethoden erfolgen.
2. Datenschutz: Die Verwendung von sensiblen oder persönlichen Daten in Deep Learning-Modellen erfordert eine sorgfältige Überlegung zum Schutz der Privatsphäre der Benutzer. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Daten anonymisiert oder verschlüsselt sind, um sicherzustellen, dass keine personenbezogenen Daten offengelegt werden.
3. Datenverarbeitung: Die Verarbeitung von Daten durch Deep Learning-Modelle kann auch Sicherheitsprobleme aufwerfen. Beispielsweise können Angriffe wie Adversarial Attacks auf das Modell abzielen, um seine Leistung zu beeinträchtigen oder es zu täuschen. Daher müssen Modelle durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen geschützt werden, um solche Angriffe zu verhindern. Dazu gehören Methoden wie Modellüberwachung, Anomalieerkennung und sichere Modelloptimierung.
Insgesamt ist die Sicherheit der Datenquellen für Deep Learning-Modelle wie ChatGPT ein super-komplexes Thema, das sorgfältige Überlegungen und geeignete Maßnahmen erfordert.

PreMedia: 
Welche Chancen oder auch Risiken sehen Sie mit Ihren umfassenden Analysen aus dieser Entwicklung?

Prof. Dr. Dahm:
Herr  Malik, die Entwicklung von Deep Learning-Modellen wie ChatGPT bietet sowohl Chancen als auch Risiken für die Gesellschaft einerseits und andererseits die verschiedenen Branchen, die von diesen Modellen beeinflusst werden können.
Ich sehr primär fünf Chancen:
1. Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen: Deep Learning-Modelle können helfen, Produkte und Dienstleistungen zu verbessern, indem sie beispielsweise personalisierte Empfehlungen und Vorhersagen liefern.
2. Automatisierung von Arbeitsabläufen: Deep Learning-Modelle können helfen, Arbeitsabläufe zu automatisieren und die Effizienz von Unternehmen zu steigern.
3. Fortschritt in der Forschung: Deep Learning-Modelle können Forschern dabei helfen, komplexe Daten zu analysieren und neue Erkenntnisse zu gewinnen.
4. Verbesserung der Gesundheitsversorgung: Deep Learning-Modelle können in der medizinischen Diagnostik eingesetzt werden, um Krankheiten frühzeitig zu erkennen und effektivere Behandlungsmethoden zu entwickeln.
5. Fortschritt in der KI-Entwicklung: Deep Learning-Modelle können dazu beitragen, die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) voranzutreiben und somit weitere Anwendungen 
und Fortschritte in verschiedenen Bereichen zu ermöglichen.
Und was sehe ich jetzt für Risiken? Ich nenne Ihnen ebenfalls fünf.
1. Verlust von Arbeitsplätzen: Die Automatisierung von Arbeitsabläufen durch Deep Learning-Modelle kann dazu führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen, insbesondere in Bereichen wie Fertigung und Transport.
2. Datenschutz und Privatsphäre: Deep Learning-Modelle können sensible oder persönliche Daten verarbeiten, was die Privatsphäre der Benutzer gefährden kann, wenn nicht angemessene Schutzmaßnahmen getroffen werden.
3. Bias und Diskriminierung: Deep Learning-Modelle können aufgrund von unzureichenden oder fehlerhaften Datenquellen Vorurteile oder Diskriminierung verstärken.
4. Sicherheitsprobleme: Deep Learning-Modelle können anfällig für Angriffe wie die bereits erwähnten Adversarial Attacks sein, 
bei denen das Modell bewusst manipuliert wird, um fehlerhafte Ergebnisse zu liefern.
5. Ethik und Verantwortung: Die Entwicklung und 
Verwendung von Deep Learning-Modellen 
erfordert eine sorgfältige Abwägung von ethischen 
und moralischen Fragen sowie die Übernahme 
von Verantwortung für die Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt.

PreMedia: 
Herr Dr. Dahm, ich danke Ihnen sehr für dieses Interview.

Prof. Dr. Dahm: 
Es hat mir eine Freude gemacht. Ich danke Ihnen ebenfalls sehr, Hr. Malik.


Hinweis auf Buch: Wie Künstliche Intelligenz unser Leben prägt. (Hrsg. Markus H. Dahm) HAUFE Verlag, November 2022

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